Gemeinsamer Brief an die (neue) Bundesregierung
Die sogenannte Vierer-Gruppe in der FFA (PA, Produzent:innenverband, Filmakademie, AGDOK) ist auf die Kreativ-Verbände BVR und DDV und die AG Kino zugegangen und hat um Mitzeichnung für ein Schreiben an die (sich gerade neu findende) Bundespolitik gebeten.
Das Ergebnis seht Ihr hier. Es ist der Versuch sich in diesen unruhigen Zeiten bemerkbar zu machen. Die Forderungen sind die, die wir seit 1 ½ Jahren konsequent hochhalten und wer weiß, mit ein wenig Glück, kann etwas dadurch in Bewegung geraten.
10.3.2025
Verantwortung für den Produktions- und Kinostandort Deutschland
Deutschlands Filmtalente sind auf Weltniveau, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind es derzeit nicht. Deswegen befindet sich die deutsche Filmproduktionslandschaft in einer strukturellen Krise. Wir brauchen ein „Level-Playing-Field“ für internationale Plattformen, nationale Anbieter, deutsche Produktionsunternehmen, Kinos und Kreative – die Grundlage für Wettbewerbsfähigkeit und Investitionen in den Standort Deutschland.
Europäische Erfolgsrezepte endlich umsetzen
In den vergangenen Jahren haben europäische Nachbarländer gezeigt, dass eine Reform der Filmförderung einen Wachstumsschub auslöst und Arbeitsplätze schafft. In Frankreich sorgte die Einführung einer Investitionsverpflichtung im ersten Jahr für zusätzliche Investitionen der Streamer in Höhe von 345 Mio. Euro. Bei gleichbleibenden Investitionen durch die Sender beflügelte der stark angestiegene Beitrag der Streamer den Markt. Bis Ende 2023 wurden bereits zusätzliche Investitionen von knapp 1 Milliarde Euro ausgelöst. Österreich konnte durch die Einführung eines attraktiven Anreizsystems für Film- und Serienproduktionen die Arbeitsplätze in der Branche fast verdoppeln und hat die Einführung einer Investitionsverpflichtung im Regierungsprogramm festgeschrieben.
Wir setzen uns in der Standortförderung für ein steuerbasiertes Anreizsystem mit einer echten 30%-Förderung nach internationalem Vorbild ein, das Auftraggebern sowie hiesigen Produktionsunternehmen attraktive Investitionsbedingungen bietet und Deutschland dadurch wieder international wettbewerbsfähig macht. Mit einem Animations-Booster in Höhe von 5% können wir der Animationsbranche, dem Export-Champion der Filmbranche, zusätzlich Schwung verleihen.
Durch die Einführung einer Investitionsverpflichtung mit Rechterückbehalt werden wir gleichzeitig die Wertschöpfung, Innovationskraft und Eigenkapitalbildung der hiesigen Unternehmen steigern und die Potentiale der lokalen Kreativen durch Beteiligungen entwickeln können. Nach französischem Vorbild wollen wir eine Investitionsquote von bis zu 25% ermöglichen. Gerade erst hat Disney in Frankreich aufgrund der dortigen Verpflichtung Investitionen in europäische und französischsprachige Werke in Höhe von 25% des französischen Umsatzes zugesagt.
Die Investitionsverpflichtung ist verbunden mit klaren gesetzlichen Vorgaben zum Rechterückbehalt und einer mehrheitlichen Vergabe an unabhängige Produktionsunternehmen.
Mehr Wertschöpfung, weniger Gewinnabschöpfung
Die erste Koalition von CDU/CSU und SPD sorgte 1968 mit dem Filmförderungsgesetz (FFG) dafür, dass die neu entstehenden Fernsehsender Verantwortung für das Kultur- und Wirtschaftsgut Film übernehmen. Nun ist es Zeit, internationale Streamingplattformen in die Verantwortung zu nehmen und den Filmstandort wieder stark und zum attraktiven Ziel der globalen Wachstumsbranche zu machen: mit dem Investitionsverpflichtungsgesetz und dem Filmförderzulagengesetz.
Zentral ist für die nächsten Monate die Sicherung des Haushalts für die selektive Kinofilmförderung des Bundes und den Beitrag des Bundes zur Förderung des Talentfilms. Besonders gilt dies für die Stoffentwicklung, die dringend gestärkt werden muss, um hochwertigere und auch international erfolgreichere Filme zu entwickeln. Hier müssen genügend Mittel zur Verfügung gestellt werden. Im neuen FFG sind keine Mittel dafür vorgesehen. Deswegen muss die Stoffentwicklungsförderung der neuen kulturellen Filmförderung finanziell in der ursprünglich geplanten Größenordnung ausgestattet werden.
Stärkung des Kulturorts Kino
In Folge der unvollendeten Filmreform und Nichtverabschiedung des Bundeshaushalts liegen beide Säulen der Kinoförderung – Programm wie Modernisierung – aktuell auf Eis. Doch ist der Investitionsbedarf in Technologie, Nachhaltigkeit, Digitales und Kinoerlebnis weiterhin enorm. Modernisierte Kinos sind der Schlüssel, um die kulturelle und wirtschaftliche Strahlkraft unserer Branche zu stärken. Zugleich ist eine aktive lokale Programm-, Kommunikations- und Publikumsarbeit gerade für deutsche und europäische künstlerisch-kreative Werke entscheidend, um Sichtbarkeit und Erfolg auch in den weiteren Verwertungsstufen zu erhöhen.
Um die Wettbewerbsfähigkeit des Kinos zu steigern und sie in ihren wichtigen gesellschaftlichen, kulturellen und filmwirtschaftlichen Funktionen zu stärken, setzen wir uns für die Umsetzung der anreizorientierten „Kinoprogrammprämie“ und die Fortsetzung des kofinanzierten „Zukunftsprogramm Kino“ ein.
Was die deutsche Filmwirtschaft dringend und zeitnah braucht:
- Investitionsverpflichtungsgesetz und Filmförderzulagengesetz
- Ausstattung der Einzelmaßnahmen Deutscher Film, d.h. insbesondere die kulturelle Filmförderung, die Stoffentwicklung und die neue Talentfilmförderung im Bundeshaushalt 2025 mit den vorgesehenen 46 Mio. Euro
- Fortführung der wirtschaftlichen Filmförderung (GMPF, DFFF I & II) bis zur Einführung eines Anreizsystems
- Umsetzung der anreizorientierten „Kinoprogrammprämie“ und Fortführung und bedarfsgerechte Ausstattung des Zukunftsprogramm Kino
Arbeitsgemeinschaft Dokumentarfilm e.V.
AG Kino - Gilde deutscher Filmkunsttheater e.V.
Allianz Deutscher Produzentinnen und Produzenten – Film, Fernsehen und Audiovisuelle Medien e. V.
Bundesverband Regie e.V.
Deutsche Filmakademie e. V.
Deutscher Drehbuchverband e. V.
Produzent*innenverband e.V.