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Die Empfehlung der Kommission zur Ermittlung des Finanzierungsbedarfs der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (KEF), die Haushaltsabgabe um 0,30 EUR pro Monat zu senken, setzt die rundfunkpolitische Symbolpolitik der letzten Jahre fort. Da die Rundfunkgebühren ab 2020 massiv ansteigen werden, ist das wenig verständlich. Beitragskontinuität in Form weiterer Rücklagenbildung wäre der sinnvollere Weg gewesen. Begleitet werden sollte dies durch zwei grundlegende strukturelle Auflagen: 1. Investitionen stets und zuerst in das Programm, das attraktiver werden muss; 2. Rückbau des Anstaltsüberbaus, der ARD und ZDF zu erdrücken beginnt. Besonders deutlich wird diese Notwendigkeit in den Ausgaben für die zusätzliche Altersversorgung. Bereits jetzt ist klar, dass die Deckungslücke aus alten Tarifverträgen, die eine üppige Altersversorgung für festangestellte und feste freie Anstaltsmitarbeiter vorsehen, weiter zunehmen wird. Sie beläuft sich aktuell auf 2,2 Mrd. EUR. Und das, obwohl die KEF weiterhin genehmigt, jeden Monat 0,25 EUR allein für den Deckungsstock der Pensionslasten abzuzweigen, was im Jahr mehr als 111 Mio. EUR ausmacht.

Dagegen fallen die endlich von der KEF bewilligten zusätzlichen Programmmittel bescheiden aus. 63 Mio. EUR pro Jahr wurden für die Aufbesserung der größtenteils unterfinanzierten Auftragsproduktionen anerkannt. Wesentliche Leuchttürme des Programms (etwa „Tatorte“) entstehen hier, und deren Produktionskosten sind in den letzten Jahren im Schnitt um 25 % gesunken. Bei den Urhebern, den eigentlichen Säulenträgern des Programms, werden davon gerade einmal 28,25 Mio. im Jahr zusätzlich ankommen, bei Produzenten sollen es etwa 56 Mio. EUR p.a. sein.

Mit Erstaunen mussten Drehbuchautoren und Regisseure lesen, dass ARD und ZDF den Mehraufwand für Urheber nur geschätzt haben, weshalb die KEF nur 75 % der hierfür beantragten zusätzlichen Mittel bewilligte. Verwundern muss auch, dass die sonst so pedantische KEF hier nicht nachhakt und etwa den Bundesverband Regie zu Rate gezogen hat. Denn es ist schlicht unrichtig, dass noch keine Verträge mit Urheberverbänden abgeschlossen sind, die 2017-20 wirksam werden. Der BVR hat mit dem ZDF Vergütungsregeln abgeschlossen und der ARD klare Zahlen für eine Einigung genannt. Vor dem Hintergrund des von der KEF eröffneten Spielraums sollte es endlich möglich sein, dass insbesondere die ARD der bereits 2010 in einer Protokollnotiz des 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrags geforderten Selbstverpflichtung zu fairen Vertragsbedingungen einschließlich angemessener Vergütung nachkommt.

Wenn die KEF nun zusätzliche Mittel für die “bessere Vergütung von Urhebern und Produzenten” freigibt, erkennt sie endlich ein über viele Jahre von den Sendern bestrittenes Defizit nachträglich an: dass die bisherige Vergütung nicht ausreichend war. Weiterhin stellt die KEF erneut fest, dass “die Anstalten 2013 bis 2016 einen Teil der für das Programm anerkannten Mittel in den Aufwandsbereich Personal umgeschichtet” haben. Der Programmraubbau zugunsten von Altersversorgung muss endlich ein Ende finden, Mittel für das Programm auch wirklich dafür verwendet werden.
Außerdem muss verstärkt darauf geachtet werden, dass fiktionale Werke fester Bestandteil von ARD (Hauptprogramm) und ZDF sind und bleiben und Spartenkanäle nicht als Billig-Abspielflächen für Wiederholungen missbraucht werden. EinsFestival und ZDFneo wurden gegründet, um Raum für Experimente im öffentlich-rechtlichen Fernsehen zu schaffen, nicht um Hauptprogramm-Wiederholungen zu umgehen.